Lange Zeit war die Thematik der Tierartendifferenzierung auf Lebensmittel beschränkt, in letzter Zeit ergeben sich hier jedoch neue Fragestellungen und Ansatzpunkte. Aufgrund vermehrter Anfragen, die Tierart aus den unterschiedlichsten Materialien zu bestimmen, nahmen wir uns des Themas an. Wir entwickelten eine routinetaugliche Methode zur Tierartendifferenzierung aus den verschiedensten Materialien.

Anwendungsbeispiele

Für diese Methode gibt es zahlreiche spannende Anwendungsgebiete:

Autounfall – zahlt die Versicherung?

So hatten wir beispielsweise von einer Versicherung die Anfrage, von welchem Tier die an einer Stoßstange gefundenen Haare stammen. Im Detail ging es darum, zu klären, ob die Haare von einem Wildtier stammen – in diesem Fall wäre die Kaskoversicherung des Autohalters für den Schaden aufgekommen – oder von einem Haustier – in diesem Fall bleibt der Autobesitzer auf dem Schaden sitzen. An der Stoßstange wurden schwarze Haare gefunden, was bei der Versicherung den Verdacht aufkommen ließ, dass es sich nicht um einen Fuchs – wie vom Autohalter angegeben – sondern um einen Hund gehandelt haben könnte. Der Autohalter wollte jedoch nicht betrügen: die Haare stammten tatsächlich von einem Fuchs. Besondere Brisanz erfährt dieses Thema auch, wenn Wildunfälle mit bei uns eigentlich nicht heimischen Tierarten wie dem Waschbären passieren. Diese werden nicht von allen Versicherungen übernommen. So kann eine molekularbiologische Untersuchung hier Klarheit schaffen.

Macht Nachbars Katze bei uns in den Garten?

Viele Gartenbesitzer fragen sich, wer denn der heimliche nächtliche Besucher auf der Terrasse oder am schönsten Sitzplatz im Garten ist. Neben Nachbars Katze kommen hier sehr viele Wildtiere in Frage, wie der Igel oder der Marder. Die Untersuchung des Kothaufens zur Tierartendifferenzierung kann hier spannende Einblicke in die oft verborgen lebende Tierwelt im Garten liefern. Wir konnten so bereits einen Marder überführen, der auf ungeklärten Wegen in das Innere eines Autos kommen konnte und dort sein Geschäft verrichtete. Oder das Hermelin, das im Verdacht steht, die Fische aus dem Teich gefressen zu haben.

Wilddiebe am Werk?

Mehrmals bekamen wir auch schon Blutspuren geschickt mit der Bitte um Abklärung der Tierart. Diese wurden im Schnee gefunden, auf der Wiese, in der Erde. Auch aus diesen Proben kann man DNA isolieren und die entsprechende molekularbiologische Untersuchung folgen lassen. Was stellt hier die Motivation dar? Teilweise wollten die Einsender wissen, ob das Blut vom gerade entlaufenen Hund stammen könnte. Stellt sich heraus, dass das gefundene Blut in der Tat von einem Hund stammt, kann man noch einen Schritt weitergehen: liegt eine Vergleichsprobe des Hundes wie z.B. Haare aus dem Hundekorb oder der Bürste vor, erstellt man aus beiden Proben ein DNA-Profil. Dabei wird die Länge sog. Mikrosatelliten bestimmt, was zu einem individuellen Profil für jeden Hund führt. Sind diese identisch, handelt es sich sehr wahrscheinlich um dasselbe Tier. Dies ist in der gleichen Weise auch bei Katzen möglich.
Teilweise finden Jäger solche Spuren in ihrem Revier und wollen der Sache auf den Grund gehen: ist das Blut von einem Wildtier, was die Vermutung der Wilderei nahelegt, stammt es von einem Haustier?

Echtes Fell oder Plastik?

Ein weiterer spannender Fall drehte sich um Spieltiere von einem Weihnachtsmarkt. Diese waren laut Aussage des Verkäufers mit Kunstfell. Dem Käufer kamen jedoch Zweifel. In einer der Proben konnten wir in der Tat Katzen-DNA nachweisen.

Etablierung der Methodik

Eine erste Hürde stellte die DNA-Isolierung aus den eingesandten Proben dar. Darunter befanden sich Kot, Haare, aber auch Blutspritzer auf Gras oder im Schnee. Um hieraus DNA zu isolieren, die hinsichtlich Quantität und Qualität den Ansprüchen der folgenden Untersuchungsmethoden genügt, kann man nicht auf die Standardmethoden zurückgreifen. Diese sind an große Zellmengen, wie sie sich in EDTA Blut befinden, angepasst. Daher mussten wir hier auf Methoden aus der Forensik zurückgreifen. Wir haben diese Isolationsmethode nun in unserem Labor als Routine etabliert. In den meisten Fällen kann nun aus den Proben, die ja oft nur Spuren an genetischem Material enthalten, genügend DNA gewonnen werden. Diese kann aber unter Umständen abgebaut oder degradiert sein.
Die Qualität der gewonnenen DNA stellte die zweite große Hürde dar, da diese essentiell für eine nachfolgende PCR ist. Um dies zu umgehen, wurde eine PCR gewählt, die mitochondriale DNA amplifiziert. Diese ist wesentlich stabiler und auch in Spuren in ausreichender Menge vorhanden.
Die dritte große Hürde zeigte sich bei der Auswahl eines geeigneten Gens. In den meisten anderen Fragestellungen, die mittels PCR geklärt werden (wie beispielsweise Erregerdiagnostik), setzt man hochspezifische Primer ein, die nur an die DNA des fraglichen Erregers binden und diese hochspezifisch amplifizieren. In diesem Fall kennen wir jedoch den Verdächtigen nicht. Der Weg musste also ein anderer sein: wir wählten ein Gen, das bei allen höheren Lebewesen/Säugetieren vorkommt und hochkonserviert ist. So wurde der Einsatz universeller Primer ermöglicht. Das untersuchte Gen musste jedoch genügend Unterschiede zwischen den Arten aufweisen, um im Anschluss die Differenzierung zu ermöglichen. Eine Sequenzierung gibt nun Auskunft über die genaue Gensequenz des Verursachers. Der Vergleich der gewonnenen Sequenz mit Sequenzen bekannter Herkunft gibt den Verursacher preis.

Grenzen

Grenzen dieser Methodik ergeben sich zum einen durch die DNA-Qualität, die entscheidend vom Zustand der Probe abhängt. So wird DNA durch sog. DNAsen sehr schnell abgebaut, wenn sie nicht mehr zellgebunden vorliegt. Eine Überwucherung der Probe mit Bakterien oder Pilzen erschwert die Isolation der eigentlich zu untersuchenden DNA.

Ein weiteres Problem stellen DNA-Gemische dar. So muss man beispielsweise damit rechnen, dass man im Kot von Katzen auch DNA von Mäusen oder Schweinen (Fertigfutter) finden kann.

Zum anderen ergeben sich Einschränkungen bei den zu bestimmenden Tierarten. Die gewählten Primer decken sehr viele Arten ab. So konnten wir bisher bereits Hund, Katze, Wildkatze, Geweihträger (Reh, Dammwild), Wildschwein, Wolf, Pferd, Ziege, Schaf, Marder (Hermelin) in der universellen PCR nachweisen. Alle Arten abzudecken, ist kaum möglich, da die Unterschiede ab einer bestimmten Zahl zu groß werden. Zusätzlich sind nicht von allen Tierarten die Sequenzen bekannt. Dies trifft insbesondere für Exoten zu.
Wenn schon ein bestimmter Verdacht genannt wird, besteht auch die Möglichkeit, mit spezifischeren Primern ein Gen zu amplifizieren, welches wiederum über Sequenzierung und Datenabgleich auf die Spur des Täters führt.

Alles in allem ermöglicht dieser neue Service eine Vielzahl von Anwendungen und gibt Antworten auf viele Fragen. Die Liste der bereits identifizierten Tiere sowie der zu identifizierenden Arten wird laufend erweitert. Ein Telefongespräch im Vorfeld kann hier Klarheit schaffen. Auch für weitere Informationen zu diesem und anderen Themen stehen wir Ihnen gerne telefonisch oder per email zur Verfügung.